Bericht auf www.lilagruen.org
Mitteilung der Bürger*inneniniative „Osterholz bleibt!“
31. Januar 2022
Wuppertal. Am Dienstag, den 25. Januar hat die Polizei angefangen den besetzten Osterholz Wald zu räumen. Gleichzeitig wurde auch mit der Rodung von 5,5 Hektar Wald begonnen. Am Donnerstag wurde der letzte Waldbesetzer*in geräumt. Sowohl Teile der Lokalpolitik als auch die Firma Oetelshofen haben in Puncto Aufrichtigkeit und Klimaschutz total versagt.
René Schuijlenburg, einer der Sprecher der Bürger*inneninitiative war von Anfang an bei der Räumung im Wald dabei: „Die Polizei kam am vergangenen Dienstag in den frühen Morgenstunden in den Wald. Dabei wurde schnell deutlich, dass die Polizei sich anscheinend nicht besonders für das Versammlungsrecht interessierte. Die Mahnwache wurde verlegt und die Begründung für die Verlegung war ziemlich abenteuerlich. Die Polizei wollte die Mahnwache außerhalb des Waldes verlegen, aber dies wurde von unserer Bürger*inneninitiative abgelehnt. Nach langen Verhandlungen wurde ein alternativer Ort gefunden. Als die Menschen dort ankamen, verlangte die Polizei, dass die Mahnwache wieder verlegt wird. Obwohl der notwendige Sicherheitsabstand von 2 Baumlängen auch bei dem ursprünglichen Standort der Mahnwache eingehalten wurde, war der Polizei der zusammen ausgehandelten alternativen Standort von etwa 5 Baumlängen immer noch nicht weit genug weg. Dies veranlasste die Polizei, obwohl der Landesbetrieb Wald und Forstbetrieb Nordrhein-Westfalen in einem Schreiben vom 13. Januar und 21. Januar die Polizei auf den Sicherheitsabstand von 2 Baumlängen hingewiesen hat. Weiter schrieb die Behörde der Polizei, dass dies insbesondere für das Versammlungsrecht und Journalist*innen gilt. Doch auch mehrere Journalist*innen beklagten, dass sie von der Polizei an ihrer Arbeit gehindert wurden. Später begründete die Polizei die Verlegung auf einmal, dass die Mahnwache verlegt werden musste, weil zu viele Fahrzeuge auf dem Milchweg fahren würden und damit die Sicherheit der Teilnehmer*innen an unserer Versammlung nicht gewährleistet werden könnte. Dieses Argument war unserer Meinung nach vorgeschoben, denn obwohl die Polizei mehrere Zugangswege zum Wald hatte, fuhren Polizeifahrzeuge immer wieder mitten durch unsere Mahnwache. Wir vermuten, dass die Polizei in Wirklichkeit die Versammlung außer Sicht- und Hörweite der Besetzung haben wollte. Unserer Meinung nach hat die Polizei damit gegen das Versammlungsrecht verstoßen. Wir behalten uns daher das Recht vor, rechtliche Schritte gegen die Polizei einzuleiten.“
Mehrere Journalist*innen beklagten sich bei der Bürger*inneninitiative, dass die Polizei sie hinderten ihre Arbeit zu machen. Sie wurden nach langen Verhandlungen zwar durch die Absperrung gelassen, viele Journalist*innen berichteten aber, dass sie auch dort auf großem Abstand gehalten wurden, wodurch sie die Räumung von großen Teile des besetzten Waldes nicht dokumentieren konnten. Eine Journalist*in bekam sogar einen Platzverweis und eine Anzeige.
Am vorletzten Räumungstag hat die Polizei einige Baumhäuser geräumt, die Aktivist*innen aber nicht. Aus diesem Grund mussten einige Aktivist*innen die Nacht im Freien in den Bäumen verbringen. Aus dieser Polizeiaktion heraus entstand eine lebensgefährliche Situation, einige der Aktivist*innen mussten hierdurch am nächsten Tag wegen Unterkühlung im Krankenhaus behandelt werden. Wir sind froh, dass mittlerweile alle Aktivist*innen wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurden.
Marjolein Schlüter, eine der Sprecher*innen der Bürger*inneninitiative: „Herr Schneidewind sagte, dass die Situation vor Ort durch einen respektvollen Umgang der Beteiligten miteinander geprägt und weitgehend gewaltfrei verlaufen war. Diesem muss ich vehement widersprechen. Kurz vor Dunkelheit wurden drei Aktivist*innen ihre Baumhäuser unter den Füßen weg zerstört. Somit mussten sie die Nacht bei Minusgraden ungeschützt vor Kälte und Regen auf Ästen verbringen. Auf meine Frage, ob sie warme Decken bzw. Kleider bekommen haben, antwortete die Polizei: „Von uns aus nicht, sie hätten freiwillig runter kommen können“. Hier wurde die Menschenwürde mit Füßen getreten, hier hat die Polizei m.E. grob fahrlässig gehandelt. Und vom menschlichen Aspekt ganz zu schweigen. Das hat mich zutiefst erschüttert“.
Am Vorabend der Räumung wurde eine Pressemitteilung der Firma Oetelshofen veröffentlicht, darin schreibt die Firma u.a.“Die restlichen ca. 195 Hektar des Osterholzes bleiben unangetastet. Außerhalb der bestehenden Steinbruchgrenzen wollen wir keine weiteren Flächen in Anspruch nehmen – weder für Ausgrabungen noch zur Ablagerung.“ In der Sendung Stadtgespräch, eine Sendung auf WDR 5, relativierte Geschäftsführer Till Iseke diese Aussage am Donnerstag. Iseke sagte erneut zu, dass es laut aktuelle Planungen keine weiteren Rodungen im Osterholz Wald geben wird. Aber Til Iseke sagte auch: „Ich bin allerdings jemand der niemals nie sagt.“ Weiter sagte Iseke, dass es nach heutigem Stand keine Planungen für weitere Rodungen gibt. Das bestehende Betriebsgelände nahm er von dieser Zusage aus. René Schuijlenburg dazu: „Mit Aussagen wie: ’nach heutigen Stand“ und ‚laut aktuellen Planungen‘ relativiert Till Iseke die Zusagen, dass es keine weiteren Rodungen geben wird. Am Wanderparkplatz Hermgesberg sind Teile des Waldes eingezäunt. Ich nehme also an, dass Herr Iseke diesen Teil des Waldes als Betriebsgelände betrachtet. Dieser Teil des Waldes ist also auch von Rodung bedroht. Das werden wir nicht hinnehmen. Die Aktionen für den Erhalt des Waldes werden also weiter gehen.“
Oberbürgermeister Schneidewind sagte im WDR 5, dass er erst in November 2020 im Amt kam und deswegen nicht anordnen konnte, dass der Abraum in eine andere Grube in direkter Nähe vom Osterholz Steinbruch gelagert werden muss. Der Grund dafür sei, dass dies nach dem Planfeststellungsbeschluss rechtlich nicht möglich sei. Dabei ließ der Oberbürgermeister unter den Tisch fallen, dass der Planfeststellungsbeschluss erst Ende Mai 2021 da war. René Schuijlenburg dazu: „Herr Schneidewind hatte mehr als sechs Monate Zeit um anzuordnen, dass der Abraum in einer der nahe gelegenen Gruben gelagert werden muss. Er tat es nicht. Was Herr Schneidewind im Moment macht, ist politische Schadensbegrenzung. Auch lässt sowohl die Wuppertaler Ratsfraktion der Grünen, als auch Herr Schneidewind immer wieder unter den Tisch fallen, dass die Grünen in 2019 für die Empfehlung der Stadt Wuppertal gestimmt haben. In dieser von der Bezirksregierung verlangten Empfehlung wurde der Rodung zugestimmt. Es war dann etwas skurril, als die Wuppertaler Ratsmitglieder der Grünen danach anfingen für den Erhalt des Waldes zu demonstrieren, denn sie hatten im Stadtrat der Rodung in 2019 ja selbst zugestimmt.“
Mit Beginn der Räumung und Rodung im Osterholz hat am 25. Januar eine neue Phase angefangen. Die Bürger*inneninitiative hat den Kampf für den Erhalt von 5,5 Hektar Wald im Osterholz vielleicht verloren, aber es wurde viel erreicht. Der Kampf für das Osterholz hat das Thema Waldrodung auch lokal auf die Tagesordnung gesetzt. Am Anfang der Proteste haben viele Politiker*innen das Thema ignoriert. Im Laufe der Zeit war dies jedoch nicht länger möglich. Jeder Firma und jede Stadtpolitiker*in, und auch die Bezirksregierung weiß jetzt, dass sie bei zukünftigen Rodungen auf breiten Widerstand stoßen werden. René Schuijlenburg: „Der Kampf für den Erhalt des Osterholz Waldes zeigt, dass Klimaschutz von der Basis kommen muss, aus die Bevölkerung heraus. Sowohl Politik, als auch Wirtschaft haben komplett versagt. Die Konsequenz daraus kann nur sein, dass wir uns selbst organisieren müssen, damit wir in Zukunft noch schlagkräftiger werden und dadurch Rodungen auch verhindern können. Wir möchten allen Menschen, die sich für den Erhalt eingebracht haben, für ihr Engagement danken. Ohne sie wäre der Wald schon vor langer Zeit gerodet worden. Die Waldbesetzung hat darin eine zentrale Rolle gespielt. Die Aktivist*innen in der Besetzung haben dabei auch Repressionen riskiert. Sie haben alle eine Anzeige bekommen und wir rufen Menschen auf diese Menschen auch nach der Räumung zu unterstützen. Außerdem fordern wir, dass der Wuppertaler Stadtrat die Geschehnisse vor, während und nach der Räumung aufarbeiten. Besonders die Rolle der Polizei muss aufgeklärt werden. Das Behindern von angemeldeten Versammlungen, Journalist*innen und das Vorgehen gegen die Waldbesetzer*innen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag sind keine Kleinigkeiten.
Redebeitrag von Menschen aus dem geräumten Osterholz Wald auf der Demonstration: „Gerechtigkeit für Georgios und für alle anderen Opfer staatlicher Gewalt!“ (29. Januar, 2022)
Quelle: Enough is Enough
Es ist schön, dass ihr hier solidarisch mit uns steht.
Wir sind die Bande aus den Bäumen, die Nervenden vom Boden.
Ich glaube, ich muss niemandem erzählen, was diese Woche im Wuppertaler Osterholz los war. Aber als erstes wollen wir erwähnen, dass wir sehr dankbar sind, für den ganzen Support den wir erlebt haben. Danke an die nicen Menschen des Danni EA. Die Gesa Supporter*innen waren aus dem Nichts da, innerhalb von einem Tag waren, trotz des absoluten Chaos, die Menschen vor Ort, die wir brauchten – Solidarität ist keine Einbahnstraße. Was wir zur Bürgerinitiative „Osterholz bleibt! sagen möchten: Am ersten Besetzungstag im August 2019, an dem wir ohne Vorwarnung in Metallbetten in den Bäumen hingen und auf einmal da waren, seid ihr gekommen und habt uns Kaffee, Tee, Brötchen und vor allem Kraft gebracht. Ihr wart bei Sturm und Sonnenschein an unserer Seite und wart immer wieder eine riesengroße Hilfe. Über die Zeit wurden wir eine Familie. Danke auch Dar Jin (Lebensbaum) Wuppertal, Fridays for Future und all die anderen Menschen, die uns so konsequent unterstützt haben. Wir erzählen heute allerdings eine kleine Geschichte. Wir reden von den Superhelden der Polizei und wie sie Leben retten. Also retten im Sinne von, „wie schafft man es, Menschen die versuchen einen Wald zu retten, in Gefahr zu bringen und das dann retten zu nennen.
Ein Mensch war auf 18 Metern in einer Konstruktion über einem Graben. Ich versuche euch ein kleines Bild von der Konstruktion zu geben. Die Bäume waren in einem Abstand von guten fünfundzwanzig Metern auseinander. Die Konstruktion bestand aus einem Traversensystem, sprich einem System, was aus Seilen besteht, einer Hängematte und einer Plane gegen Regen, welche an einen Ast gebunden war. Die Cops kletterten mit ihren Steigeisen hoch auf die Höhe dieses Menschen, welcher augenscheinlich noch nicht in Gefahr war. Sie haben ahnungslos die Konstruktion angeschaut – zumindest hoffe ich, dass sie ahnungslos waren, sonst wäre es wohl grob fahrlässig die Konstruktion von dort oben zu prüfen. Vielleicht sollten, angeblich gut ausgebildete Kletterbullen, tragende Seilsysteme nicht nur mit einem halben Arsch testen und ihre Gedanken beisammen halten, denn da hängen Menschenleben dran. Danach bauten sie unüberlegt ihre Abseil-Einrichtungen in die Traversen ein um Menschen samt Traverse abseilen zu können. Anscheinend haben die Feuerwehrmenschen die Aufgabe, fehlende Kompetenz der Superhelden auszugleichen und fingen am Boden an ein Auffangkissen direkt unterhalb des Aktivisti aufzubauen. Denn die Cops waren wohl gedanklich noch in ihren Schwebebahn-Abseilübungen. Wisst ihr, ab wann es lustig wird? Cops zuzusehen, wie sie anfangen auf 18 Metern Höhe an Traversen herum zu metzgern. Die erste wurde einfach durchgeschnitten. Danach hingen sie die zweite und letzte Traverse in ihr System um und schnitten sie vom Baum los. Als Nächstes ließen sie den Menschen ab. Die Hooligans am Boden waren ihres Sieges sicher. Schade, dass die Cops am Boden mal wieder nicht die Inkompetenz ihrer Kletterkolleg*innen bemerkt haben und anscheinend wenig Bock hatten, mal ihre Adleraugen zu aktivieren. Die Traverse, welche auf Spannung sein sollte, wurde immer lockerer und lockerer, aber „Hey, lass mal weiter ablassen, das muss so sein.“
Da war doch irgendwas von einer Plane, die um einen Ast gewickelt war, oder nicht? Und stellt euch vor, diese muss auch an den anderen Stellen der Konstruktion fest gemacht werden, damit Mensch regengeschützt ist…Und nein, wir reden nicht von einer stabilen LKW-Plane, sondern von so Billigem viereckigen Plastikmüll, wo Mensch Sachen drunter stellen, damit diese nicht nass werden. Wenn da ein kleiner Riss drin ist, reißen die Dinger auch gerne mal auf gesamter Länge, Genau, dieser „Müll“ wird auf einmal zur Sicherung deines Lebens! Das Aktivisti* überlebte diese Räumung vor allem, weil dieses Stückchen Gewebeplane glücklicherweise nicht riss!!! Was zur Hölle, ihr wollt Helden sein! Ihr Monster.
Der Mensch hing gute 30 Minuten in dieser Plane, bis einer dieser recht kompetenzlosen Cops diesen aus der Situation befreite und ihn dann zu Boden brachte. Sanitäter kamen, dann direkt ins Krankenhaus.
Wir geben den Cops mal einen kleinen Tipp: Lasst die Finger von Sachen von denen ihr nichts versteht und schnibbelt nicht an unseren Seilen und Sicherungsmaterialien rum!
Unseren befreundeten Menschen haben sie danach entführt, isoliert und versucht einzuschüchtern, was erfahrungsgemäß ein absolut normales Verfahren ist, um Menschen zu unterdrücken und Machtverhältnisse auszunutzen.
Den Menschen, die tagelang im Wald von der Prügelgarde belagert, von den Bäumen geholt und eingesperrt wurden, geht es allen den Umständen entsprechend gut.
Alle Menschen sind wieder auf freiem Fuß und konnten ihre Gefährt*innen in die Arme schließen.
Der Osterholz war eine rote Linie, die ihr überschritten habt und Till Iseke erzählt uns dann abends noch ganz nett im Radio, dass dies erst mal die letzte geplante Rodung im Osterholz war und lässt danach ganz nebenbei verlauten, dass es aber niemals nie heißt, das bedeutet die Firma plant anscheinend, weitere Rodungen vorzunehmen, um Lebensräume zu zerstören, die Natur auszubeuten und das alles nur um die Gewinne zu steigern und sich die Taschen mit Geld vollzustopfen.
Für uns heißt das, dass dieser Kampf noch lange nicht vorbei ist. Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Menschen Wälder besetzt haben, um sich der machtgeilen Profitgier der ausbeuterischen Unternehmen entgegenzustellen. Denn wer weiß, für jeden Baum, der heute gefällt wird, könnten morgen schon zehn andere Bäume besetzt sein…..[Seid Teil davon]
Grüße gehen auch raus in die Schweiz an Elany. Sie sitzt momentan in U-Haft wegen angeblicher Sabotage.
Eine gute Nachricht zum Abschied hat das Barrio Osterholz noch: Ein Mensch, welcher aus der GeSa in Langzeitgewahrsam überführt werden sollte, konnte entkommen und ist den Cops und der Justiz entkommen. Dir wünschen wir alles Glück der Welt, und weiterhin ein gutes Leben in Freiheit!